Masken der Commedia dell’arte

Die beiden Hauptgruppen der Masken sind die zanni oder zanoni wie z. B. Arlecchino und die vecchi, die Alten wie z. B. Pantalone; dazu kommen die amorosi bzw. innamorati, die ohne Maske auftreten. Bei der Beschreibung der einzelnen Figuren und Masken ist zu beachten, dass sich sowohl die Figuren und Masken als auch die Commedia dell’arte selbst in einem ständigen Wandel befanden., Die Beschreibungen müssen ferner immer im historischen Kontext gesehen werden. So gehört beispielsweise Arlecchino nicht von Anfang an zum Personal dieser Theaterform und verändert sich im Laufe der Zeit stark. Es kann daher nur ein ungefährer Eindruck übermittelt werden, nicht jedoch eine konkrete und allumfassende Beschreibung der Figuren und Masken.

Die Figuren der Commedia dell’arte erinnern an die klassischen lateinischen Komödien des Plautus und des Terenz., In diesen oft beinahe wörtlich aus griechischen Vorbildern übertragenen Komödien gab es ebenfalls eine begrenzte Anzahl von Charakteren, die durch Konvention festgelegt waren. Die Hauptrolle spielt der gerissene und intrigante Sklave. Er steht meist auf der Seite der jungen Liebenden, die nicht zueinander kommen dürfen, weil die Eltern andere Heiratspläne mit ihren Kindern haben. Der alte Vater ist meist ein untreuer Ehemann, während seine Frau ein strenges häusliches Regiment führt. Am Schluss droht gewöhnlich ein völliges Chaos, doch durch einen unerwarteten Zufall lösen sich alle Knoten., Die jungen Liebenden bekommen sich, und die Alten müssen sich in ihr Schicksal fügen. Inwieweit diese Komödien direkten Einfluss auf die Commedia dell’arte hatten, ist jedoch unklar.

Die „soziale“ Interpretation der Masken (die beispielsweise die zanni einengend als Dienerrollen beschreibt) geht auf die Reform der Commedia dell’arte durch Carlo Goldoni (Der Diener zweier Herren) im 18. Jahrhundert zurück, dem Carlo Gozzi wiederum Verrat an dieser Theaterform vorwarf (siehe den Abschnitt über Gozzi und Goldoni). Seit dem 20., Jahrhundert deuten insbesondere die italienische Forschung und die Theatermacher, die sich mit der Materie befasst haben bzw. befassen, die Figuren im Wesentlichen mythologisch. Das „bürgerliche“ Bild von der Commedia dell’arte ist in Deutschland allerdings immer noch weit verbreitet.

Die ZanniBearbeiten

→ Hauptartikel: Zanni (Theaterfigur)

Die Gruppe der Zanni stellt eine untere Schicht der Bevölkerung dar, die meist aus bäuerlichen Verhältnissen stammte und deren Mitglieder als Diener, Mägde und Köchinnen ihr Glück in der Stadt versuchten., Sie symbolisieren das einfache Volk der damaligen Zeit, ihre Wünsche und ihre Kritik an der Gesellschaft. Der Begriff stammt von der früheren Theaterfigur Zanni.

Zu ihnen gehören:

ArlecchinoBearbeiten

→ Hauptartikel: Harlekin

Arlecchino ist die wohl berühmteste Figur der Commedia dell’arte. Ihren Ursprung findet sie in einem nordfranzösischen und germanischen Sagenkreis und entstand in Zusammenhang mit dem historischen Differenzierungsprozess des Zanni., In einer geladenen Atmosphäre verschmolz Tristano Martinelli 1584/85 in Paris die mythologische Figur mit dem Zanni und hatte damit schlagartig Erfolg. Nach Martinelli verkörpert Arlecchino Gegensätze wie Gut und Böse oder Komik und Tragik. Er sprach seiner Figur die Fähigkeit zu, sowohl ins Diesseits als auch ins Jenseits zu reisen. Domenico Biancolelli spielte ab 1661 den Arlecchino in einer veränderten Situation. Er passte sein Spiel dieser Situation und seinen Vorstellungen an. Ab 1730 kam es dann durch Luigi Riccoboni zu einem Wandel des Arlecchino zu einem Moralisten., Mit dem Ziel, die regelmäßigen italienischen Komödien und Tragödien des 15. und 16. Jahrhunderts aufzuwerten, wurde der Figur seine Differenz ausgetrieben und zunehmend auf seine bürgerliche und diesseitige Existenz reduziert. Schauspieler des „neuen“ Arlecchino waren beispielsweise Domenico Biancolelli oder Tommaso Visentini.

Arlecchino ist die Figur, die sich auf der Bühne alles herausnehmen darf. Typisch für ihn sind seine naive Fröhlichkeit und seine Verfressenheit., Manchmal dient er sogar zwei Herren gleichzeitig, damit er mehr Essen bekommt, was zu meist lustigen Verstrickungen führt. Mit seiner ironischen Art ist er die Stimme des gemeinen Volkes zu der Zeit. Arlecchino wird mit einer lustigen Maske und dazu noch mit einem Hut und einem Mantel dargestellt, der aus bunten Flicken besteht. Aus der Figur des Arlecchino entwickelte sich mit der Zeit der typische, naive Spaßmacher, wie man ihn heutzutage vor allem als Kasperle aus dem Puppentheater kennt.,

In der Tradition Arlecchinos steht Figaro in den Komödien Le barbier de Séville (Der Barbier von Sevilla) und Le mariage de Figaro (Figaros Hochzeit) von Beaumarchais und den darauf basierenden Opern von Paisiello, Mozart und Rossini.

BrighellaBearbeiten

→ Hauptartikel: Brighella

Brighella stammt ursprünglich aus dem Bergamo. Er ist hinterhältig, immer etwas verschlagen und meistens skrupellos auf seinen eigenen Vorteil bedacht, dabei zu akrobatischen Kunststücken fähig und Arlecchino intellektuell überlegen. Er lässt auch gerne andere für sich arbeiten., Seine Maske ist üblicherweise die eines gewöhnlichen Dieners oder aber sie zeigt seine listigen Wesenszüge und ist meist von schwarzer Farbe.

PagliaccioBearbeiten

→ Hauptartikel: Pagliaccio

Mit seiner gelben Gesichtsmaske und/oder gelb bemehltem Gesicht und seinem weißleinenen, viel zu großen Gewand ist er bzw. die verwandte Figur Pedrolino ein Vorläufer Pierrots. Pagliaccio ist ein tollpatschiger Knecht und Nachäffer, in Worten kühn, aber in Wahrheit ein außerordentlicher Feigling. Für seine Fehlleistungen wird er oft mit Prügel bestraft.,

ColombinaBearbeiten

→ Hauptartikel: Colombina

Colombina ist ebenfalls eine Person der unteren sozialen Schicht. Meistens spielt sie die Rolle der Magd oder Köchin. Ihr fehlt jedes gekünstelte Element der Oberschicht und sie ist eine lebenslustige und selbstsichere Figur. Durch ihre dominante und verführerische Art zieht sie oft Verehrer (zum Beispiel Brighella) an, gegen die sie sich zu wehren weiß. Die Figur der Colombina hat keine Maske und trägt meistens schlichte Frauenkleider. In Le mariage de Figaro spielt Suzanne diese Rolle.,

  • Arlecchino, 1671

  • Brighella, 1570

  • Pagliaccio, 1600

  • Colombina, 1683

Die VecchiBearbeiten

Die Gruppe der Vecchi stellt die reiche Oberschicht der Zeit dar., Für sie ist typisch, dass sie sehr viel Geld haben und sich gebildet ausdrücken. Sie schätzen vor allem Kultur und Wissen. Meistens versuchen sie sich vom einfachen Volk abzuheben, da sie sich als etwas Besseres sehen. Gerade diese Eigenschaften wirken auf den Zuschauer äußerst unsympathisch, teilweise schon lächerlich.

Zu ihnen gehören:

PantaloneBearbeiten

→ Hauptartikel: Pantalone

Pantalone ist meistens ein wohlhabender Kaufmann aus Venedig, der aufgrund seines hohen Alters oft kränklich ist. Obwohl er viel Geld hat, ist er sehr geizig., Pantalone mischt sich gerne in Dinge ein, die ihn gar nichts angehen. Außerdem hat er häufig Verhältnisse zu jüngeren Frauen, auch wenn er verheiratet ist, und hält seine Tochter in engen Grenzen. Er hat einen großen, lange währenden Hass auf den Dottore, genauso wie dieser auf ihn. Man erkennt Pantalone an einer braunen Maske mit gebuckelter Nase, einem Ziegenbart sowie einem schwarzen Umhang und einer eng anliegenden roten Hose.,

Ein Nachfahr von Pantalone ist der Arzt Bartholo (italienisch Bartolo) in Le barbier de Séville und Le mariage de Figaro von Beaumarchais und den zugehörigen Opern.

Der DottoreBearbeiten

→ Hauptartikel: Dottore (Theater)

Der Dottore verkörpert meistens den gebildeten Juristen oder Gelehrten aus Bologna. Dies zeigt er auch gerne durch die häufige Verwendung von Denkerposen. Jedoch wirkt sein Wissen eher belustigend, da er die Verkörperung des Wissens ohne wahres Wissen darstellt., So stellt er bei jeder Gelegenheit zur Schau, über welches Wissen er verfügt, dies jedoch selten zur Situation passend. Obwohl er sehr kurzsichtig ist, sind seine Bewegungen auf der Bühne fließend und geschmeidig. Wie Pantalone den Dottore hasst, so dieser Pantalone. Häufig tritt der Dottore in einer schwarzen Maske mit einer Knollennase, einer kugelförmigen Stirn und roten Wangen auf. Er trägt eine weiße Halskrause und ist im Übrigen schwarz gekleidet.,

  • Pantalone, 1550

  • Der Dottore, 1653

Weitere FigurenBearbeiten

→ Hauptartikel: Liste weiterer Commedia-dell’arte-Figuren

Außerdem gibt es noch die Liebenden, die immer ohne Maske auftreten, etwa verkörpert durch Octavio/Ottavio. Der Soldat Il Capitano (Spavento) gibt immer vor, ein Held zu sein, ist in Wahrheit jedoch ein ausgemachter Feigling, der Angst vor seinem eigenen Schwert hat., Scaramuccia (Scaramouche) ist der Aufschneider, Angeber und Großsprecher.

Weitere bekannte Masken und Figuren sind unter anderem: Coviello, Pulcinella und Tartaglia. Einige davon sind jedoch Alternativnamen der oben genannten Hauptfiguren, die ihnen von den jeweiligen Schauspielern gegeben wurden.

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